Nach langen Monaten des Wartens ist das Baby endlich da! Jetzt beginnt das Wochenbett und eine intensive Zeit des Kennenlernens. Wir haben unsere erfahrene Hebamme Sissi Rasche zu einem Interview eingeladen und sie gebeten, uns ein paar häufig gestellte Fragen rund ums Wochenbett zu beantworten.
kartenmacherei:
Liebe Sissi, ganz herzlichen Dank, dass du uns auch heute wieder ein paar Fragen beantwortest, die viele Neumamas in den ersten Wochen nach der Geburt beschäftigen. Starten wir gleich mit der ersten:
“Mir wächst alles über den Kopf. Was kann ich gegen Überforderung tun?”
Sissi Rasche:
Das Wichtigste ist, zu lernen, Hilfe anzunehmen. Sich einzugestehen, dass man überfordert ist und dass es normal und sehr okay ist, Hilfe anzunehmen (in jeder Lebensphase, aber vor allem als frisch gebackene Eltern). Es braucht ein Dorf, ein Kind aufzuziehen, das predige ich immer wieder – und das beginnt im Wochenbett, mit der Unterstützung der Mutter!
Es ist aber auch hilfreich, gegebenenfalls gemeinsam mit einer Vertrauensperson zu priorisieren und zu überlegen, was jetzt wirklich wichtig ist. Dazu zählen die Versorgung des Babys und die Erholung der Mutter. Eine aufgeräumte Wohnung kann auch mal hinten angestellt werden.
Daher rate ich, wenn es irgendwie geht: Nutzt euer “Dorf”, egal ob das eure Familie, eure Freundinnen oder anderweitig organisierte Unterstützung, wie beispielsweise Mütterpflegerinnen sind. Fragt nach, ob jemand das Geschwisterkind von der Kita abholen kann, euch eine Suppe kocht oder beim kurzen Besuch schnell die Wäsche aufhängen kann. Jeder abgenommene Handgriff kann für eine frischgebackene Mama Gold wert sein, und auf viele helfende Hände verteilt, ist es meist für das Umfeld gut machbar. Vor allem: Sie machen es gerne. Daher fragt und nehmt an, das kann ich nicht genug unterstreichen.
Wenn du an irgendeinem Punkt unsicher bist oder Zweifel hast, hole dir bitte immer ärztlichen Rat oder sprich mit deiner Hebamme!
kartenmacherei:
Eine weitere Frage, die häufig gestellt wird:
“Sobald ich mein Baby ablege, fängt es an zu weinen. Es möchte am liebsten rund um die Uhr Körperkontakt. Ist das normal?”
Sissi Rasche:
Ja, es ist ganz normal, dass Neugeborene viel Körperkontakt einfordern. Babys sind Traglinge! Ich erlebe es oft, dass Familien am Anfang denken: “Toll, wir haben ja ein recht entspanntes Baby!” – aber nach 1–2 Wochen, wenn das Baby richtig “angekommen” ist, fordert es dann auf einmal doch sehr viel Körperkontakt und Aufmerksamkeit ein. Das kann auch phasenweise mal mehr oder weniger sein.
Das Nähebedürfnis ist ein angeborener Überlebensinstinkt. Es ist hilfreich, sich klarzumachen: Babys weinen nie, um dich zu ärgern. Wenn du sichergestellt hast, dass alle Grundbedürfnisse, wie Nahrung und Körpernähe gestillt sind, muss man solche Phasen auch manchmal annehmen. Weinen ist eine Art der Kommunikation, oft hilft es hier auch, zuzuhören, zu tragen und mit dem Baby zu sprechen.
Unsere Aufgabe als Eltern ist es, Kinder durch diese ganz normalen Phasen zu begleiten, du machst nichts falsch! Wir müssen nicht immer das Ziel haben, dass das Kind schnellstmöglich wieder ruhig sein muss. Diese Einstellung kann viel verändern. Das heißt natürlich nicht, dass man es einfach weinen lassen und nicht reagieren soll – im Gegenteil! Es ist sehr wichtig, auf die Bedürfnisse des Babys einzugehen, man kann ein Neugeborenes nicht im negativen Sinn “verwöhnen”.
Außerdem ist mir hier wichtig zu erwähnen Es ist ganz normal, dass Babys an manchen Tagen und besonders zu den Abendstunden oft häufiger als alle zwei bis drei Stunden trinken wollen, auch hier kannst du dein Baby nicht verwöhnen und solltest diesem Bedarf unbedingt nachgeben, um die physiologische Milchbildung zu unterstützen.
kartenmacherei:
Gibt es bestimmte Pflegetipps nach der Geburt, die du als Hebamme empfiehlst – mit Blick auf die Wundheilung?
Sissi Rasche:
Also, absolute Game Changer sind für mich Intimduschen oder Sitzbäder mit Calendula-Essenz. Diese Essenz ist einfach toll und unterstützt die Wundheilung in den meisten Fällen sehr.
Bei wunden Brustwarzen ist das Vorbeugen natürlich am wichtigsten, also sich das Anlegen korrekt zeigen zu lassen – dass besonders das Andocken in den ersten Tagen etwas zwiebelt, ist durchaus normal, aber wenn aus einer am Anfang leicht irritierten Brustwarze eine wirklich entzündete und schmerzende Brustwarze wird, die von Stillmahlzeit zu Stillmahlzeit stärker weh tut, muss man sich von seiner Hebamme, einer Stillberaterin oder einen anderen Fachperson beraten lassen. Das ist nicht normal und muss nicht ausgehalten werden. Die wichtigste Behandlung ist unbedingt, die Ursache zu finden. Hier kann gegen die Wunde oder Entzündung eine Laserbehandlung Wunder wirken.
Grundlegend empfehle ich, auf qualitativ hochwertige und atmungsaktive Unterwäsche zu setzen und die Binden, die es am Anfang natürlich braucht, wenn es geht, zeitnah durch extra fürs Wochenbett gemachte Periodenunterwäsche zu ersetzen. Aber gleiches gilt natürlich auch für Still-BHs: so viel Luft und so wenig Kunststoff wie möglich.
kartenmacherei:
Vielen Dank für das Gespräch und deine guten Tipps, Sissi!
Wir wünschen dir nach der Geburt gute Genesung, Gelassenheit, wenn es mal herausfordernd wird, und eine wunderbare Kennenlernzeit mit deinem Baby!
Sissi Rasche ist seit über 15 Jahren Hebamme aus Leidenschaft und begleitet Frauen liebevoll durch Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Zusammen mit ihrer Kollegin Kareen Dannhauer rief sie den Podcast “Der Hebammensalon” ins Leben, der mit viel Herz und Humor die häufigsten Fragen rund ums Baby beantwortet und auch als Buch erhältlich ist. Außerdem ist sie Mitgründerin des Babylabels BabyBox and Family. Sissi lebt mit ihrem Mann und ihren vier Kindern im Berliner Stadtteil Charlottenburg.